Geschichte der Gemeinde Gattendorf

Gattendorf wurde urkundlich erstmals im Jahre 1234 genannt und feierte 1984 sein 750jähriges Bestehen.

Kirchengeschichte

Die Pfarrei

Der kleine Pfarrort Kirchgattendorf, am Füße des Klingenberges gelegen, ist wohl im 11. Jahrhundert aus einer Kapellensiedlung heraus entstanden. Die erste urkundliche Erwähnung der Doppelortschaft Gattendorf datiert auf das Jahr 1234.

Die Pfarrkirche

Das Gattendorfer Gotteshaus war ursprünglich eine Landkapelle der Hofer Mutterkirche St. Lorenz und wurde erst 1473 zur selbständigen Pfarrkirche mit allen Rechten und Pflichten erhoben. Eigene Kirchenbücher werden seit 1566 geführt. Größter Schatz der Kirche ist der 1640 von der Pfarrgemeinde gestiftete reich ziselierte silberne Abendmahlskelch, der heute noch bei den Hochfesten der Kirche zur Feier des Altarsakraments dient

Die gotische Epoche

Nach der kleinen Marienkapelle, die noch einmal erweitert wurde, ist die heutige Kirche das dritte Gotteshaus an gleicher Stelle. Zuerst entstand um 1250 das Kirchenschiff, dem im 14. Jahrhundert der Chor mit seinem schönen Sterngewölbe und der Turm angefügt wurden. Ältester Bestandteil der wertvollen gotischen Innenausstattung ist der lebensgroße Kruzifix, etwa 1460 entstanden. Ursprünglich dürfte er wohl im Chorbogen gehangen sein; ist jedoch anläßlich der Barockisierung der Kirche auf den Dachboden gekommen und wurde erst 1938 wieder in die Kirche geholt und an einem Seitenpfeiler der Empore aufgestellt. Von den aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammenden Fresken sind nur noch ein zum Teil erhaltener überlebensgroßer Christopherus mit der Nebenfigur der hl. Agnes über dem heute zugemauerten Nordportal zu sehen und der Zug der hl. drei Könige im Turmuntergeschoß, ebenfalls nur teilweise erhalten. Eine Eigentümlichkeit der Kirche ist das 1509 von Gett von Sparneck, Herr zu Schloßgattendorf, gestiftete Chorgestühl; eine Eigentümlichkeit, weil die Kirche niemals eine Mönchskirche gewesen ist, deren Gottesdienste stets die gemeinsam gesungenen Chorgebete beinhaltet. Das wertvolle Chorgestühl ist das letzte, höchst eigenwillig gestaltete Werk Alt-Hofer Schnitzkunst, das aus gotischer Zeit noch erhalten ist. Die Verzierungen stellen im Flachschnitt geistliche wie weltliche Symbole dar, darunter auch zwei Wappen derer von Sparneck. Die Front ist in schwarzer Schablonenbrandmalerei ausgeführt. Diese nördlich der Alpen seltene aus Italien stammende Technik deckte mit einer Wachsschicht die Flächen ab, die stehenbleiben sollten; die durch Abtrennen vertieften Flächen wurden aufgehellt, während die stehengebliebenen geschwärzt wurden. Der einstige Marienaltar, ein Flügelaltar aus der Zeit um 1510, diente bis 1708 als Zelebrationsaltar in der Kirche, wurde dann jedoch in das Turmuntergeschoß gestellt und schließlich 1919 wegen Baufälligkeit an die Pfarrei Steinwiesen verkauft, die allerdings auch die hohen Restaurationskosten nicht aufbringen konnte und den Altar zugunsten des Bambergers Doms an die Erzdiözese veräußerte. Heute bildet der Gattendorfer Marienaltar eine der schönsten Sehenswürdigkeiten im Bamberger Dom.

Die Barockisierung - Anfänge

Bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde die Kirche durch Einbrechen von Ovalfenstern, sog. Ochsenaugen, stärker dem Lichteinfall geöffnet. Dieser Effekt ist jedoch gleichzeit durch den Einbau der Empore im Kirchenschiff zunichte gemacht worden.

Die Empore zeigt in stark nachgedunkelter Form Bilder aus der Passions- und Ostergeschichte Jesu sowie mit je einer Darstellung von Himmelfahrt, Pfingsten, Steinigung des Stephanus und Pauli Bekehr den Anfang der Kirchengeschichte. Ihre Gestaltung hat der aus Kirchenlamitz stammende Kirchenmaler Radius vorgenommen. Es sind jedoch in die Emporenfelder auch Tafelbilder aus früherer Zeit eingesetzt worden.

Die Barockisierung - Erster Abschnitt

Nachdem 1700 Wolf Christoph von Schmidt, Oberumgelder aus Hof, die darniederliegende Burg mit der Herrschaft über Gattendorf und Oberhartmannsreuth käuflich erworben hatte, begann mit ihm eine reiche Bautätigkeit im barocken repräsentativen Stil: 1702 erbaut er das neue Schloß, 1704 - 1708 den Pfarrhof und 1708 läßt er in der Kirche einen freistehenden Kanzelaltar von dem Hofer Bildhauer Johann Nikolaus Knoll errichten. Von diesem ersten Kanzelaltar im markgräflichen Stil wurden in den späteren Jahren nur die Figur Christi des Pantokrators sowie die vier Evangelisten übernommen. Ebenfalls von Johann Nikolaus Knoll stammt der knieende Taufengel.

Die Barockisierung - Zweiter Abschnitt

Der zweite Abschnitt der Barockisierung der Kirche stellt den heutigen Zustand her. 1751 - 1753 läßt ein Sohn des Wolf Christoph von Schmidt, es war Johann Daniel von Schmidt, durch einen Sohn des Johann Nikolaus Knoll, es war Wolfgang Adam Knoll, den jetzigen Kanzelaltar sowie den Orgelprospekt fertigen. Außerdem läßt Johann Daniel von Schmidt an die Kirche die Patronatsgrabstätte anbauen - sie wurde bis 1857 von Angehörigen der jeweiligen Patronatsherrschaft benützt - und über der Grabstätte die zur Kirche geöffnete Patronatsloge. Der letzte adlige Schloßherr Friedrich Freiherr von Kotzau hat 1938 auf das Kirchenpatronat verzichtet.

Altarwand und Orgel

Beide zusammen bilden eine, das heutige Bild vom Inneren der Kirche beherrschende, Einheit. Sie wurden 1984 durch den Verfasser der Festschrift „750 Jahre Gattendorf“ Dr. Michael Klein treffend wie folgt beschrieben: „Das besonders reizvoll gestaltete Thema der Ikonographie (der bildlichen Darstellung) dieser Wand ist Christus als Herrscher wie Erlöser der Welt. Diesen 'Pantokrator' beziehungsweise 'Salvator mundi' stellt eine Plastik in der Mitte der Blendfelder an der Brüstung des Kanzelkorbes - und damit auch in der Mitte des ganzen Aufbaus - auf einer Konsole dar. Er wird umrahmt von den vier Evangelisten, deren Berichte das Heilsgeschehen um diesen Weltenherrscher uns verkünden. Darunter steht hinter der Mensa (dem Altartisch) in einer nischen-förmigen Predella (Altarstaffel) eine freiplastische Abendmahlsgruppe, die jenen Vorgang in Erinnerung ruft, der uns Menschen an der Erlösung teilhaben läßt: das Sakrament von Brot und Wein.“

In den Seitenachsen werden links Darstellungen aus dem alten Testament als Präfigurationen (Vorausdeutungen) des christlichen Heilsgeschehens solchen des neuen Bundes rechts gegenübergestellt. So über den Türen in flachen Rundbogennischen links vor dem Zeltlager der Israeliten in der Wüste die eherne Schlange auf einem kreuzartigen Balken, deren Anblick die Kinder Israels von den Bissen der Schlangen heilte. Das Johannesevangelium spricht den Zusammenhang mit der gegenübergestellten Gruppe aus: „Und wie Moses in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muß des Menschen Sohn erhöhet werden.“ Deshalb sehen wir rechts Christus in seinem heilenden Erlösungsopfer am Kreuz, darunter Maria und Johannes (Diese Gruppe kehrt im Altarkruzifix aus gefaßtem Holz auf einem Rocaillesockel nochmals wieder). In den das Gebälk bekrönenden Schnitzgruppen wird links vor der Silhouette der Stadt Ninive am Meer der Fisch gezeigt, der Jona aus seinem Rachen gerade wieder an Land speit. Das Matthäusevangelium stellt den Bezug zur rechten Darstellung her: „Denn gleich wie Jona war drei Tage und drei Nächte in des Fisches Bauch, also wird des Menschen Sohn drei Tage und Nächte im Schoß der Erde sein.“

Also findet sich rechts der auferstandene Christus mit der Siegesfahne als Zeichen für die Überwindung des Todes über der offenen Grabesgrotte mit dem leeren Sarg und den noch trauernden Frauen davor. Der in das Gebälk eingebundene Schalldeckel trägt eine Volutenkrone - zunächst gleichsam stellvertretend für den darunter am Kanzelkorb stehenden Pantokrator. Gleichzeitig weist die Krone darauf hin, daß Christi Erlösungstat in der Predigt auf der Kanzel unter dem Schalldeckel verkündigt wird. Im Hintergrund erhebt sich aus Wolken das Dreieckssysmbol für das Auge Gottes mit drei goldenen Flammenzungen für die Dreieinigkeit von Vater, Sohn und heiligem Geist, umkränzt von einer Glorie goldener Strahlen. Auch das gleichartig wie die Altarwand gefaßte Orgelgehäuse, ein dreiteiliger Prospekt mit reichem Ranken-, Blüten- und Rocailledekor, stammt von Wolfgang Adam Knoll: 1754 geschaffen für ein Orgelwerk von Johann Erhard Gräf aus Schwarzenbach an der Saale. Seit 1955 beherbergt es ein Werk der Firma Bauer. Am Mittelturm befindet sich das Wappen der Patronatsfamilie von Schmidt, auf den Seitentüren große geschnitzte Blumenvasen, dazwischen Zimbelsterne. Die breiten abstehenden Seitenflügel mit stummen Prinzipalpfeifen wurden nach 1900 hinzugefügt.

Das Gestühl

Zur Innengestaltung einer Kirche trägt nicht unerheblich auch die Bestuhlung bei. Seit Einbau der Empore standen die Bänke im Kirchenschiff als sog. Frauengestühl ausschließlich Frauen zur Verfügung, wohingegen die Männer getrennt nach Bauern- und Handwerkerstand auf der Empore Platz fanden und zwar auf hölzernen Sitzbalken. Das Frauengestühl ist schlicht, aber bemerkenswert gestaltet, da teilweise noch die Namen früherer Kirchenstuhlbesitzerinnen zu lesen sind, von denen einige Namen sich noch heute in der Pfarrei finden. Die Bänke stammen ebenfalls zumindest aus dem 18. Jahrhundert.

Die Gottesdienste

Gottesdienste werden an allen Sonn- und Feiertagen nach der bayer. Agende von 1854 gefeiert und zwar immer um 9.30 Uhr. Im Anschluß an die Hauptgottesdienste sind Kindergottesdienste. Außerdem werden von Aschermittwoch an jeden Mittwoch um 19.00 Uhr Passionsandachten gehalten. Kirchweihfest ist am Sonntag vor dem Gedenktag der hl. Apostel Simon Kananäus und Judas Taddäus, welcher Tag auf den 28. Oktober fällt.

Das schmucke, stilistisch vielgestaltige, aber einheitlich wirkende Gotteshaus lädt ein zum stillen Gebet und zur Betrachtung. Besichtigung ist nach Rücksprache mit dem Kirchner, Herrn Helmut Steinhäußer, Kirchberg 1, Kirchgattendorf, Tel.: 09281 / 44596, möglich.

Ausführlichere Informationen zur Kirchengeschichte und dem Baustil der Kirche finden Sie unter www.kirche-gattendorf.de